Sonntag, 2. Juli 2017

Matsev träumt von Liga drei

Der NHV Concordia Delitzsch hat als Aufsteiger in die Mitteldeutsche Handball- Oberliga eine phasenweise sensationelle Saison hingelegt. Am Ende landete die Mannschaft trotz einer beispiellosen Verletztenmisere auf Rang acht, schlug auf dem Weg dorthin unter anderem den souveränen Meister Bad Blankenburg. Trainer Wladimir Maltsev, 47, blickt im Interview auf die kräfte- und nervenzehrende Spielzeit zurück, erklärt den Zusammenhang zwischen Fitness- und Besetzungsproblemen und überrascht mit der Ansage, dass in zwei oder drei Jahren der Aufstieg in die 3. Liga möglich sein könnte.
 
Herr Maltsev, mit etwas Abstand: Wie viel Kraft hat alle Beteiligten diese erste Oberligasaison gekostet?
Sehr viel. Wir sind aber auch sehr froh darüber, wollen uns jetzt erholen und den Kopf freibekommen. Gerade die angeschlagenen Spieler sollen die freie Zeit im Sommer genießen.
 
Die Saison war geprägt von Personalproblemen. Haben Sie solch eine Verletztenmisere schon einmal erlebt?
Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass es so extrem wird. Aber es ist eben so, dass wir auf Amateurniveau spielen, da verpassen die Spieler manchmal ein Training und wenn man nicht richtig fit ist, verletzt man sich leichter. Das haben wir zum Beispiel bei Felix Randt gesehen. Er wollte zu schnell wieder einsteigen und hat sich gleich wieder verletzt. Es geht eben nicht von null auf hundert. Zwei- bis dreimal Training pro Woche sind einfach zu wenig, dann bekommt man muskuläre Probleme und verträgt die harten Zweikämpfe im Spiel nicht.
 
Wie sind Sie damit umgegangen, dass im Training teilweise so wenig Spieler da waren?
Ich musste vorsichtig sein, weil einige Spieler fast immer 60 Minuten durchspielen mussten. Dann kannst du natürlich keine Zweikämpfe trainieren, sondern musst mehr Wert auf Regeneration legen. Das war schwierig für mich, weil wir ja auch als Mannschaft nach den vielen Veränderungen im Kader erst zusammenwachsen mussten.
 
Als gar nichts mehr ging, mussten Sie sogar noch einmal selbst mitspielen. Wie ist Ihnen das Spiel in Erinnerung?
Das war unser Tiefpunkt. Wir wollten das Spiel eigentlich absagen, weil wir nur sechs fitte Feldspieler hatten. Dann habe ich mich als Siebter zur Verfügung gestellt, um wenigstens dem ein oder anderen eine kurze Pause zu verschaffen. Am Ende waren die Jungs dann einfach platt.
 
Steigt in solchen Spielen nicht auch das Verletzungsrisiko noch einmal an?
Natürlich. Aber nicht nur in dem Spiel selbst. Dann reichen manchmal selbst fünf Tage Pause nicht. Deswegen ist es extrem wichtig, sich fit zu halten.
 
Die Zusammenstellung der Mannschaft lief ja schon vor der Saison nicht optimal...
Ich hatte keine Zeit, eine Mannschaft zusammenzustellen, habe dann noch einige Spieler überredet, die davor länger verletzt waren oder ganz pausiert hatten. Das war natürlich eine schwierige Situation.
 
Und jetzt sind erneut acht Spieler gegangen.
Ja, aber darunter waren bis auf Malte Unkell keine absoluten Leistungsträger. Unser Ziel war es, mehr Qualität in den Kader zu kriegen. Es soll keinen Bruch geben, wir wollen schließlich nicht jedes Jahr gegen den Abstieg spielen, sondern langsam beginnen, viele junge Talente mit einzubauen, die dann mit den erfahrenen Spielern zusammen wachsen. So wie es damals war, als ich für Delitzsch gespielt habe und wir Jungs wie Rico Göde oder Lars Kaufmann aus dem Nachwuchs herangezogen haben. Die Chemie zwischen jung und alt muss stimmen.
 
Zugänge stehen immerhin schon fest. Worauf liegt Ihr Hauptaugenmerk, wenn die Vorbereitung beginnt?
Wir wollen unser Spiel schneller machen, aggressiver nach vorn laufen, das Umschaltspiel verbessern. Das hat aus verschiedenen Gründen in der vergangenen Saison nicht geklappt. Da mussten wir kraftsparend spielen.
 
Am Ende ist trotz aller Widrigkeiten Platz acht herausgesprungen. Sind Sie zufrieden? Sehen Sie Steigerungsmöglichkeiten.?
Wir können zufrieden sein mit dem, was wir erreicht haben. Jetzt wollen wir noch mehr Stabilität in unser Spiel bringen und uns in der Liga etablieren. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben.
 
Mit Sascha Meiner oder Martin Müller sind zwei Leute mit Zweitliga- Erfahrung gekommen. Können sie die Mannschaft auf ein neues Level bringen?
Ich erwarte, dass sie uns mehr Qualität bringen. Wir brauchen solche erfahrenen Spieler.
 
Ist eines Tages für den NHV mehr drin als die 4. Liga?
Als Sportler muss man dieses Ziel haben, aber wir müssen auch immer auf unser Budget gucken. Der Verein will nichts überstürzen. Aber ich denke, wenn wir die Mannschaft zwei, drei Jahre zusammenhalten können, können wir aufsteigen und auch in der 3. Liga bestehen.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 26.Juni 2017

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