Sonntag, 26. Januar 2014

NHV - Pirna/Dresden II 28:25 (10:10)

Unterkühlt

Ob es an den gefühlten Minusgraden in der Becker-Halle lag? Der NHV Concordia Delitzsch tat sich jedenfalls am Sonntagabend eine Halbzeit lang beeindruckend schwer gegen den Tabellenvorletzten der Handball-Sachsenliga. Am Ende wurde der HSV Lok Pirna Dresden II in einer zerfahrenen Partie trotzdem mit 28:25 (10:10) nidergestreckt.
Nicht wenige Zuschauer ließen die Daunen-Kutte gleich an. NHV-Neuzugang Sebastian Greß bedeckte sich auf der Bank mit jedem greifbaren Kleidungsstück. Selbst Trainer Michael Schneider, der für gewöhnlich im T-Shirt am Spielfeldrand steht, hüllte den astralen Körper in ein Sportjäckchen. Seine Mannschaft fror derweil in der ersten halben Stunde schier auf dem Parkett fest, leistete sich ungewohnte Ungenauigkeiten in der Offensive und warf fast schon gewohnheitsmäßig beste Möglichkeiten zum Teufel. Während sich einige einen Glühweinstand auf der Tribüne herbeisehnten, verging sich der Coach an der unschuldigen Sprossenwand und versetzte dem gelackten Gehölz einen Tritt unter die Gürtellinie.
Hinterher war von der Aufregung kaum noch etwas zu spüren, bezeichnete Schneider den Auftritt in der ersten Halbzeit als "schwierig, weil die Mannschaften uns kennen, ihre Angriffe ausspielen". Sprich, Dresden ließ sich Zeit und schlug in dem Moment zu, da die NHV-Abwehr gerade am Wegnicken war. Besonders in Gestalt von Robert Düsel, der immer wieder unbehelligt aus dem Rückraum zuschlug. Aber, wie das Handballerleben manchmal eben so spielt, brachte der zweite Durchgang massive Änderungen.
Die Concordia-Defensive stand plötzlich felsenfest, womöglich durch die Hereinnahme von Aggressor Frank Bönke. Dazu parierte Schlussmann Steve Müller mehrfach prall. "Das war der Schlüssel zum Erfolg", sagte Schneider. Lok fand den Dosenöffner nicht mehr, brachte in der Anfangsviertelstunde nach dem Wechsel exakt ein Tor zu Stande. Delitzsch kam ins Laufen und zog hinfort. Beim Stande von 22:16 in Minute 53 war das Spielchen praktisch entschieden, trotz weiterer vergebener Großchancen. Nur die Schiedsrichter wollten offenbar auch noch mal im Mittelpunkt stehen, brachten mit wundersamen Entscheidungen die Volksseele zum Kochen, was angesichts der Kälte womöglich einfach nur nett gemeint war. NHV-Mannschaftsleiter Sören Raab fand's eher gruselig: "Für jeden Schrott geben die zwei Minuten." Und Sebastian Greß bemerkte in seinem zweiten Spiel im Herrenbereich überhaupt: "Schon interessant, was hier gepfiffen wird."
Dummerweise ließen sich die Hausherren davon beeinflussen, so dass die Schlussminuten unnötig hektisch hinunter tickten, immerhin keine sichtbaren Spuren hinterließen. Dennoch haderte Michael Schneider. "Wir beschäftigen uns zu sehr mit den seltsamen Pfiffen, statt abgeklärt aufzutreten." Als Zugabe verteilte  der Trainer noch einen Rat an alle Beteilgten: "Wir müssen von dem Denken wegkommen, dass wir hier Mannschaften an die Wand spielen." Und sei es nur die Sprossenwand.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 28.Januar 2014

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Sonntag, 19. Januar 2014

Koweg Görlitz - NHV 26:25 (14:11)

Wolfs Rudel filetiert NHV

War es das schon mit den Aufstiegsträumen? Der NHV Concordia Delitzsch hat im Kampf um die Meisterschaft in der Handball-Sachsenliga den nächsten Tiefschlag eingesteckt. Am Sonntagabend verlor die Mannschaft von Trainer Michael Schneider beim SV Koweg Görlitz mit 25:26 (11:14) und kann nun nicht mehr aus eigener Kraft den Titel holen.
Wenigstens ein Delitzscher konnte jubeln. Dumm nur, dass der langjährige Concorde Matthias Wolf inzwischen Görlitz trainiert und dementsprechend freudig verkündete: "Das war eine sensationelle kämpferische Leistung aller Beteiligten." Und: "Die Jungs haben sich heute wirklich bravourös präsentiert." Aus Sicht seines Kollegen auf der anderen Seite klang die Manöverkritik freilich etwas anders: "Wir waren geistig nicht so wach, haben pomadig gespielt", stellte Michael Schneider fest. Und: "Wenn ich weiß, dass jedes Spiel ein Endspiel ist, kann ich nicht so auftreten." Das nennt man dann wohl eine verbale Breitseite.
Dabei schien zumindest bis zur Mitte des ersten Durchgangs alles eingermaßen den erwarteten Verlauf zu nehmen. Delitzsch führte lange Zeit mit einem Tor. Doch schon in der Frühphase zeigte sich, dass Koweg nicht gewillt war, dem Aufstiegsaspiranten auch nur ein Geschenk zu machen. Im Gegenteil: Plötzlich übernahm Wolfs Rudel das Kommando und zog bis zur Pause auf 14:11 davon.
Diesen Vorsprung bezahlte die Truppe allerdings teuer. Kurz vor dem Pausenpfiff musste Tormaschine Radim Vanek nach seiner dritten Zeitstrafe bereits vom Feld. Die ohnehin ersatzgeschwächten Görlitzer büßten ihre vielleicht wichtigste Waffe ein. Die zweite Halbzeit ward Delitzsch vermeintlich auf den Leib geschneidert. Tatsächlich kam der NHV leicht verbessert aus der Kabine, verkürzte den Rückstand auf ein Tor. Doch aus dem üblichen Schlusssprint wurde nichts. Stattdessen zogen die Hausherren auf 24:19 davon, was fünf Minuten vor Schluss die Vorentscheidung bedeutete. "Ein Punkt wäre unverdient gewesen", gab Schneider ernüchtert zu.
War also wirklich alles schlecht? Nicht ganz. A-Junior Sebastian Greß legtes ein wirklich gutes Debüt bei den Herren hin, erntete sogar Lob von der Gegenseite. "Der Junge hat uns am meisten zu schaffen gemacht", so Wolf, der dem 18-Jährigen gar den Sprung in den Zweitligakader des SC DHfK Leipzig zutraut. Michael Schneider bezeichnete den Rückraum-Akteur als "einen der wenigen Lichtblicke. Er hat sein Herz in die Hand genommen." Das sollte der Rest der Mannschaft ebenfalls schleunigst tun. In den nächsten drei Wochen stehen drei Heimspiele im Plan. Völlig verdunstet sind sie schließlich noch nicht, die Delitzscher Aufstiegschancen.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 21.Januar 2014

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Sonntag, 12. Januar 2014

NHV - Zwönitzer HSV 38:25 (19:13)

Magische Momente

Simsala-Bumm! Der NHV Concordia Delitzsch ist am Sonntagabend mit einem Donnerschlag und ein klein bisschen Handball-Magie ins Sachsenliga-Jahr 2014 gestartet. Angeführt von Zauberkünstler Jan Jungandreas schickte die Mannschaft den Zwönitzer HSV mit 38:25 (19:13) ans Tabellenende und behält Primus Zwickau ganz genau im Auge.
Zauberstäbe kommen in der freien Wildbahn in den unterschiedlichsten Formen und Farben vor. Der von Jan Jungandreas hat eine Halbwertszeit von zirka zwei Minuten, ist frei ab 16 Jahren, mit Tabak gefüllt, endet mit einem Filter und wird seit einigen Jahren wieder schachtelweise verkauft. Kaum hatte das Schiedsrichter-Gespann der ungleichen Begegnung zwischen NHV und HSV ein Ende gesetzt, war Delitzschs Nummer 21 mit seiner verbotenen Sportlerliebe verschwunden. Der Zauberstab, besser bekannt als Siegerzigarette, stand in Flammen und Jungandreas verriet sein Erfolgsrezept: Ohne Dampf kein Kampf."
Soso. Waren seine 14 Tore an diesem Abend also doch keine Hexerei, sondern die Taten eines herkömmlichen Rauchers? Jedenfalls scheinen die qualmenden Seitensprünge den 26-Jährigen nicht aus der Handball-Bahn zu werfen. Trotzdem, liebe Kinder, bitte nicht nachmachen! Aber was war das für ein Auftritt. Allein in Halbzeit eins ließ Jungandreas elf Mal das Netz vibrieren und fand anschließend selbst keine rechte Erklärung für die magischen Momente. "Es lief einfach. Warum, weiß ich nicht."
Sicher, weil der NHV über weite Strecken ausgezeichnet verteidigte, gegen die überforderten Gäste einen Konter nach dem anderen fuhr und bei den zahllosen offenen Würfen keine Gnade kannte. Schon im ersten Durchgang streuten die Hausherren mit ein paar Kabinettstückchen grobes Meersalz in die Zwönitzer Wunden. Etwa als Jungandreas einen Einwurf von Enrico Henoch aus der Luft pflückte und im Flug verwandelte. Kempa-Trick heißt diese anmutig anzuschauende Variante.
Allein am schwächelnden Gegner wollte Trainer Michael Schneider die durchaus astreine Leistung der Seinen aber nicht festmachen: "Es war nicht leicht heute. Zwönitz kann sehr unbequem sein. Das hat man zwischendurch gesehen." Tatsächlich blitzte die Zwönitzer Kratzbürstigkeit immer mal wieder auf, vor allen Dingen Rückraum-Gewalttäter Wladimir Holec schlug mehrfach zu. Allerdings in Phasen, da die Concorden schon meilenweit enteilt waren und offenbar weniger konzentriert. In der Schlussviertelstunde zerfiel der HSV schließlich in seine Einzelteile.
Da saß Jan Jungandreas schon auf der Bank und dachte wahrscheinlich an die Zigarette danach. Andere durften sich bis zum Schluß austoben. Shinn Uematsu zum Beispiel, der die ersten 30 Minuten als Zuschauer verbrachte und nach dem Seitenwechsel entsprechend aufgedreht war, als er endlich auf die Platte durfte. Auch Junior Lucas Mittag verdiente sich Bestnoten, steht in der Deckung schon wie ein Bollwerk und traut sich auch offensiv endlich mehr zu. "Gute Vorsätze", nennt das der 19-Jährige. Einziger Makel des Abends: Die magische 40-Tore-Marke wollte prtout nicht fallen.
Johannes David, Leipziger Volkszeitung vom 14.Januar 2014

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